Chuck Berry (1926 – 2017)
Die Hits von Chuck Berry habe ich wahrscheinlich ab Mitte der 1960er Jahre auf dem „Jahrmarkt“ und auf dem „Ziegenbrink-Schützenfest“ in Osnabrück zum ersten Mal bewusst wahrgenommen. Auf der Raupe wurde damals angesagte Beat- und Rock´n´Roll Musik gespielt. Zudem standen dort ältere Jugendliche oft lässig herum oder bewegten sich rhythmisch zu der lauten Musik. Der Sound war für mich damals ebenso beindruckend: Aus großen Lautsprecherboxen klang das für meine Ohren alles sehr gut (heute würde man vielleicht rockig sagen) und sehr viel besser, als das übliche NDR-Rundfunkprogramm zuhause Mitte der 1960er Jahre.
Wahrscheinlich haben mich die damaligen Eindrücke auf der „RAUPE“ so geflasht, dass die späteren Rock-Festivals und Konzerte, eine innere Fortsetzung dieser frühen Begeisterung darstellten? Wer weiß?
1966 schenkte mir meine Stiefmutter eine akustische Gitarre, auf der ich dann versuchte – wie viele meiner damaligen Altersgenossen – musikalisch weiterzukommen als „House of the rising sun“ von den Animals. Anfang der siebziger Jahre kaufte ich mir meine erste E-Gitarre auf der ich mehr schlecht als recht meistens nur so „just for fun“ herumklimperte. Die Art, wie Chuck Berry spielt, hat mich allerdings von jeher fasziniert. Es sind seine Intros, seine Licks und Soli, die anders klingen, als die der meisten anderen Rockgitarristen. Zudem war er auch ein richtig guter Sänger mit einer starken Bühnenpräsenz.
Zwischen 1955 und 1965 gelangen Chuck Berry zahlreiche Hits, die auf dem sehr guten Kompilationsalbum „Chuck Berry´s Golden Decade“ enthalten sind. Nicht zu vergessen ist der sehr große Einfluss seines damaligen Pianisten Johnnie Johnson, von dem Berry die Pianoparts für die Gitarre umsetzte. Johnson war an vielen Kompositionen beteiligt, verzichtete aber zugunsten von Berry auf die Tantiemen. Eine spätere Klage von Johnson blieb erfolglos.
In der FAZ habe ich folgenden interessanten Artikel von Edo Reents über Chuck Berry entdeckt:
CHUCK BERRY ZUM 90.: Ein Mann aus geordneten Verhältnissen
Liveauftritte manchmal eher gewöhnungsbedürftig
Da Chuck Berry, außer seiner Anfangszeit, ab den 1960er Jahren keine eigen Band unterhielt, spielte er auf Tourneen häufig, ohne vorher geprobt zu haben, mit lokalen oder zusammengewürfelten Bands. Frei nach dem Motto „Ohne Proben ganz nach oben“. Siehe dazu auch weiter unten das Interview mit Dave Edmunds. Auf Wikipedia ist darüber zu lesen:
„Seit Mitte der 1960er Jahre lösten Berrys Auftritte bei den Zuhörern mitunter gemischte Gefühle aus. Kritisiert wurde oft, dass er keine eigene Begleitband mitbrachte, sondern mit örtlichen Bands – etwa The Firebirds – spielte, mit denen er vorher so gut wie nie geprobt hatte. Dass seine Konzerte trotzdem ein Erlebnis sein konnten, lag wohl an der Ausstrahlung des Musikers, der seine alten Hits durch Synkopierung in immer neuem Gewand vortrug.“
Seite „Chuck Berry“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 26. Oktober 2020, 14:33 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Chuck_Berry&oldid=204909720 (Abgerufen: 21. November 2020, 13:02 UTC)
Keith Richards wollte, vielleicht auch aus dem eben genannten Grund, für sein Idol Chuck Berry einmal eine großartige Band anlässlich seines 60. Geburtstags zusammenstellen. Das Ergebnis ist in dem Dokumentarfilm Hail! Hail! Rock ’n‘ Roll aus dem Jahr 1987 verewigt. Dazu gibt es ein sehr interessantes Interview mit dem von mir als Musiker sehr geschätzten Steve Jordan, dem Drummer der damaligen Allstarband. Aber auch auf diesem Konzert spielt der „Altmeister“ Chuck Berry zuweilen auch wieder etwas gewöhnungsbedürftig.
Chuck Berrys Art Gitarre zu spielen
1972 habe ich dann mehr zufällig angefangen Schlagzeug zu spielen. Später auch in einigen Osnabrücker Coverbands. Die Gitarre spielte lange Zeit nur noch „die zweite Geige“ bei mir. Erst in den letzten Jahren habe ich dann wieder häufiger in die Saiten gegriffen. Den zahlreichen Gitarren Tutorials von YouTube sei Dank. Manchmal findet man sogar Gitarren Tutorials von namhaften MusikerInnen wie Rebecca Lovell von Larkin Poe. Hier ist ihr Tutorial vom Intro einer der bekanntesten Chuck Berry Nummern: Johnny B. Goode.
John Lennon hat einmal gesagt, wenn man versuchte, Rock´n´Roll einen anderen Namen zu geben, könnte man es ja „Chuck Berry“ nennen. Ich glaube Chuck Berry hat sehr, sehr viele Rock-Gitarristen geprägt und beeinflusst. Keith Richards von den Rolling Stones ist ein gutes Beispiel dafür. Dave Edmunds (siehe auch das Interview mit ihm weiter unten) und George Thorogood sind zwei weitere Gitarristen und Sänger, die hörbar von Chuck Berry beeinflusst wurden.
Ron Wood hat hat 2019 Chuck Berry ein ganzes Album gewidmet. Mad Lad – A Tribute to Chuck Berry! Im Alter kehren viele Musiker anscheinend zu ihren musikalischen Wurzeln zurück.
Auf dem Wikipedia Eintrag von Chuck Berry ist unter anderem folgendes über sein Gitarrenspiel zu lesen:
„Chuck Berry etablierte in den 1950er Jahren fast im Alleingang die Gitarre als führendes Instrument in der Rockmusik. Andere Künstler der Zeit zeigten sich zwar auch gerne mit einer Gitarre, verwendeten sie aber nur zur rhythmischen Begleitung; Soli und Einwürfe kamen von der Begleitband. Berry präsentierte die Gitarre gleichberechtigt zum Gesang. Er setzte sie sowohl zur Begleitung ein, meist mit Powerchords auf den tiefen Saiten, aber auch für Soli, Fills und Licks in den höheren Lagen. Bei letzteren spielte er meist über wenigstens zwei Saiten („double stops“), was einen volleren, dynamischen Ton erzeugte. Auch seine Bendings erfolgten oft auf zwei Saiten.“
Seite „Chuck Berry“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 26. Oktober 2020, 14:33 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Chuck_Berry&oldid=204909720 (Abgerufen: 7. Dezember 2020, 19:57 UTC)
Wie schon weiter oben erwähnt, ist auch der Einfluss des Pianos von Johnnie Johnson, mit dem Chuck Berry fast 20 Jahre zusammengearbeitet hat, nicht zu vergessen. Dabei wurden viele Piano Parts auf die Gitarre übertragen.
So habe ich Chuck Berry noch nie gesehen. Nach etwa 7,5 Minuten kommt das Piano von Johnnie Johnson dazu….! Danach kann man den Spirit zwischen beiden nur erahnen! Die Augen sagen alles!
Eric Clapton hat eine klare Meinung darüber, wie man die Gitarre im Rock´n´Roll spielen sollte.
Der große Einfluss von Chuck Berry als Songwriter auf die Rockmusik ab den 1960er Jahren
Sowohl die Beatles, die Rolling Stones oder auch die Beach Boys haben in den Anfangsjahren ihrer Karriere auf die Klassiker von Chuck Berry zurückgegriffen. Bei den Beach Boys lief das in einem Fall allerdings sehr dreist ab: Ihr Hit Surfin´U.S.A: war in Wirklichkeit eine Kopie von Chuck Berrys altem 1958er Hit Sweet Little Sixteen mit einem anderen Text.
Rolling Stones:
Auf den frühen Rolling Stones Alben finden sich zahlreiche Songs von Chuck Berry.
Come On (1963), Bye Bye Johnny (1964), Carol (1964), Around And Around (1964), You Can’t Catch Me (1965), Talkin‘ Bout You (1965), Little Queenie (1969). Zudem gibt es eine, für meinen Geschmack, phantastische Coverversion der Rolling Stones des – von Chuck Berry selbst gecoverten – Songs Down The Road A Piece.
Beatles:
Roll Over Beethoven (vom Album „With The Beatles“ 1963), Rock and Roll Music (vom Album „Beatles For Sale“ 1964).
Auf dem Kompilationsalbum „Live at the BBC“, das Aufnahmen aus der Zeit von 1963-1965 enthält, sind 8 Chuck Berry Coverversionen.
Linda Ronstadt hat den Song Back in the U.S.A 1978 erfolgreich gecovert
Emmylou Harris hat den 1964er Song You Never Can Tell 1977 erfolgreich gecovert.
Bruce Springsteen hat mit seiner Version von You Never Can Tell einen YouTubeHit gelandet.
Johnny Winter spielt auf seinem 1971er Album Live Johnny Winter And eine damals angesagteCoverversion von Johnny B. Goode.
Jimi Hendrix hat Johnny B. Goode ebenfalls gecovert.
Nicht zu vergessen Michael J. Fox mit Johnny B. Goode im Kinohit „Zurück in die Zukunft“.
1973 hatte das Electric Light Orchestra einen Hit mit ihrer Version von Roll Over Beethoven
Dave Edmunds hat auf einem Best of Album drei Chuck Berry Titel: Sweet Little Rock & Roller, The Promised Land und You Can’t Catch Me.
In dem nachfolgenden Interview gibt der von mir sehr geschätzte Gitarrist und Sänger Dave Edmunds einige interessante Einblicke über das Zusammenspiel mit Chuck Berry. Ich habe Dave Edmunds 1970 in Düsseldorf, auf meinem allerersten Festival, mit seiner damaligen Bluesband Love Sculpture live gesehen: Großartiger Musiker.
Das Interview gibt es hier auch in schriftlicher Form.
Dave Edmunds Shares Two Chuck Berry Stories
Chuck Berry und seine Gage
Wie bereits oben erwähnt hatte Chuck Berry, abgesehen von seiner Anfangszeit, keine feste Band, wahrscheinlich um die Gage für die Musiker zu sparen. Glaubt man den Geschichten die über Chuck Berrys Konzerte kursieren, forderte er seine Gage immer bar vorab und in Dollarnoten. Als Grund dafür wird häufig genannt, dass er in frühen Jahren oft von Konzertveranstaltern betrogen wurde.
Ehrungen
Chuck Berry wurde 1986 als erster Künstler in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen. 1984 bekam er in Los Angeles einen Grammy für sein Lebenswerk. 2008 wurde er in Deutschland mit der Goldenen Kamera für sein Lebenswerk ausgezeichnet.
Bilder
In dem Artikel „Ein Leben für die Bühne“ (aus der Süddeutschen Zeitung vom 19.03.2017) sind einige interessante Bilder zu sehen.
Chuck Berry im Beat-Club 1972
Am 24.03.1972 gastierte Chuck Berry im Bremer Beat-Club. Es gibt sogar eine Setlist der damals gespielten Songs.
Meine Vinylplatten von Chuck Berry und Titeln vom Meister
Meine Cds von Chuck Berry / Ron Wood
Unter den 500 besten Alben aller Zeiten des Musik-Magazins Rolling Stone belegt das Kompilationsalbum The Great Twenty-Eight Platz 21.