Aus meiner Erinnerung 1970-1979
Ich versuche mich zu erinnern. Wir schreiben das Jahr 2016, genauer gesagt ist heute der 23.06.2016. Ich selbst bin am meisten gespannt, was diese Konzert-Memoiren meiner gehörten und erlebten Rockkonzerte so ans Tageslicht befördern.
1970
Nachdem ich im Jahr 1970 im Mai das „Joint Meeting“ Festival in der Düsseldorfer Eissporthalle und im September das Fehmarn „Love-and-Peacce-Festival“ miterleben durfte (mehr dazu unter Festivals), folgte am 19.11.1970 ein Auftritt der legendären Spooky Tooth in meiner Heimatstadt Osnabrück. Genauer gesagt, in der „Halle Gartlage„. Im Vorprogramm sollten die beiden deutschen Gruppen Frumpy und Crawinkel auftreten. Crawinkel spielte soviel ich weiß nicht, dafür überzeugte mich Frumpy auf der ganzen Linie.
Es gab damals viele Stimmen, die besagten, dass sich Frumpy mit ihrer bärenstarken Sängerin Inga Rumpf auf dieser Tour mindestens auf Augenhöhe mit Spooky Tooth bewegten. In Erinnerung geblieben ist mir vom Auftritt der Gruppe Spooky Tooth in erster Linie deren Gitarrist Luther Grosvenor, der in einem offenen Trenchcoat spielte und den Oberkörper mitsamt seiner Gitarre immer nach hinten legte. Der Oberkörper und der Kopf mit der „Matte“ wurden dabei gewissermaßen tiefergelegt. Das beeindruckte mich damals doch sehr.
So sah die Eintrittskarte damals aus. Es handelte sich angeblich um ein Jazz Konzert!
Hier ist ein Link zu einigen beeindruckenden Bildern von Frumpy aus dem Jahr 1971. Diese Bilder sind von Heinrich Klaffs, der mir freundlicherweise auch das Bild oben von Inga Rumpf zur Verfügung gestellt hat.
Der folgende Link führt zu einem Beitrag aus „der Zeit“ über die Ernst-Merck-Halle in Hamburg mit einer grandiosen Aufnahme der Band Frumpy aus dem Jahr 1970.
In der Aula der Fachhochschule Osnabrück sah ich im Oktober 1970 zum ersten Mal die holländische Band Ekseption, die später dann auch noch in der Osnabrücker Halle-Gartlage auftrat.
1971-73
In der besagten Osnabrücker Halle Gartlage spielten Anfang der siebziger Jahre leider nie die großen Top Acts, dazu war die Halle schlichtweg zu klein und im 60 km entfernten Münster gab es die große Halle Münsterland.
In der Halle Gartlage sah ich Anfang der siebziger Jahre Bands wie Hardin & York, die Keef Hartley Band, Golden Earring, Klaus Doldingers Passport, Nektar, Epitaph, Frumpy und Earth & Fire, um an dieser Stelle nur einige zu nennen.
In der Aula der Fachhochschule Osnabrück hatte ich das Vergnügen mit Birth Control, Amon Düül II und Can. Dabei ist mir insbesondere ein Satz des Amon Düül Schlagzeugers Peter Leopold in Erinnerung geblieben. Auf die Forderung eines Teils des Publikums nach einem Schlagzeugsolo erwiderte Leopold, dass diese Leute doch besser bei Colosseum aufgehoben wären, wenn sie ein Schlagzeugsolo hören wollten. Es wurde natürlich lautstark gebuht und gepfiffen.
Wishbone Ash 1972 in Cloppenburg
Das Konzert in der Urbesetzung mit Ted Turner war richtig gut. Wishbone Ash mit Andy Powell, als einziges Ur-Mitglied, sind auch heute noch sehr aktiv. Ich habe die Band am 09.02.2023 im Rosenhof Musikclub in Osnabrück nach 2004 noch einmal live gesehen: Die haben es immer noch drauf.
Genesis in Osnabrück
Aus heutiger Sicht fand das Osnabrücker Rock-Konzert-Highlight der frühen Siebziger am 23.09.1973 im Stadttheater Osnabrück statt: Genesis. Ich hatte zuvor wenig, bis noch nichts, von dieser Gruppe gehört. Da es zu dieser Zeit durchaus angesagt war „umsonst reinzukommen“, gingen einige neugierige Musikfreaks zum Theater. So auch ich. Und wie es der Zufall so wollte „kamen wir umsonst rein“. Die Platzanweiserinnen im Theater waren schlichtweg überfordert mit unseren Tricks und Ausreden , wenn es darum ging, nichts zu bezahlen. Durch Hintereingänge kamen wir ins Theater. Auf die Frage einer Platzanweiserin, was wir im Theater zu suchen hätten, antwortete ein Freund, dass wir seine Mutter besuchen wollten, da diese im Theater arbeiten würde. Die Dame ließ uns ziehen und plötzlich saßen wir auf den besten Plätzen vorne vor der Bühne.
In der Neuen Osnabrücker Zeitung habe ich zu diesem Ereignis folgenden Artikel gefunden.
Hier ist die Konzertkritik aus der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 27.09.1973 vom damaligen Redakteur Norbert Mosene.
Pink Floyd in Düsseldorf
1972 war das Jahr mit meinem ersten großen Hallenkonzert: Pink Floyd, im November 1972 in der Philipshalle in Düsseldorf, für 13,- DM. Die Halle war brandneu, Baujahr 1971. Das habe ich gerade auf Wikipedia erfahren. Schon die Fahrt nach Düsseldorf war cool. Wir, das waren 3 junge Männer, fuhren dorthin mit einem Daimler 180D. Das war damals ein sehr angesagtes Freakauto. Ich war zu dieser Zeit 21 Jahre jung.
Auch aus heutiger Sicht heraus war der Sound und das Licht bei diesem Konzert phänomenal. In der Philips-Halle waren auch im Zuhörerbereich Boxen aufgestellt. Quadrofonie nannte man das damals.
Auf YouTube habe ich einen Livemitschnitt dieses Konzertes gefunden. Wahnsinn! Die Soundqualität ist natürlich begrenzt. Damals war es durchaus nicht unüblich, ein Uher-Report Tonbandgerät oder ähnliches in die Halle zu schmuggeln und Konzerte mitzuschneiden, um daraus dann ein Bootleg zu fertigen.
Pink Floyd – Dusseldorf Master Tape (Live Dusseldorf, Germany – November 14th, 1972)
Auf dieser Seite habe ich ein paar Infos zum Auftritt am 09.12.1972 in Zürich gefunden. Also gleiche Tour, nur ein paar Wochen später.
1974-1980
1973 oder 1974 gab es in der Halle Gartlage ein Konzert mit Nektar und der walisischen Gruppe Man. Der sehr gute Schlagzeuger der Gruppe Man hieß Terry Williams und wurde später Drummer bei Dire Straits.
Hier sind zwei Links zur Musik von Man. Das erste Video ist aus heutiger Sicht bestimmt für viele Leser gewöhnungsbedürftig: egal!
Man – Many Are Called, But Few Get Up (Live 1975)
Am 22.03.1975 sah ich Rory Gallagher zum ersten Mal außerhalb eines Open Air Festivals in der Halle Münsteland in Münster. Ein Konzert, das mir bis heute in nachhaltig guter Erinnerung geblieben ist. Der gute Rory Gallagher gab ja immer alles – der arme Drummer musste schwer für sein Geld arbeiten.
Am 13.05.75 folgte Genesis in der Halle Münsterland in Münster im Rahmen ihrer „THE LAMB LIES DOWN ON BROADWAY Tour„.
Im Mai 1975 folgte ein tolles Konzert von Manfred Manns Earthband in der Münsterlandhalle in Cloppenburg. Diese Gruppe hat mich auch später live nie enttäuscht. In Cloppenburg habe ich dann 1976 auch Curved Air mit dem späteren Police Schlagzeuger Stuart Copeland gesehen. Seine Extraklasse war schon damals beeindruckend.
Am 08. oder 09 September 1976 gab die englische Hard-Rock-Band UFO ein sehr lautes und eindrucksvolles Konzert in der Osnabrücker Halle-Gartlage. Ihr deutscher Gitarrist Michael Schenker (der Bruder des Scorpions-Gitarristen Rudolf Schenker) schickte sich gerade an ein international anerkannter Rockgitarrist zu werden. Die Konzertkritik links stammt aus der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ und wurde von Norbert Mosene geschrieben. Vielen Dank, lieber Norbert, dass Du mir dieses „historische“ Dokument zur Verfügung gestellt hast.
Im November 1977 sah ich die damals sehr erfolgreiche Progressive-Rock-Band Yes in Bremen mit Donovan im Vorprogramm. Beeindruckend war bei dem Konzert vor allem das Bühnenbild, das der Art eines Plattencovers der Gruppe entsprach. Fantasy Art à la Rodger Dean.
Meine damalige Freundin war, wenn ich mich recht erinnere, sehr angetan vom Yes-Sänger Jon Anderson, der mit seiner hohen Stimme, seiner Pluderhose und seiner Bühnenpräsenz gut rüberkam. Mir gefiel der Bassist der Gruppe, Chris Squire, besser. Das ganze Konzert war mir aber doch irgendwie einen Tick zu affektiert, zu aufgesetzt. Trotzdem war es ein sehr beeindruckender Auftritt und für die damalige Zeit musikalisch sicher mit das Beste vom Besten.
RoxyMusic, mit „Gentleman-Sänger“ Brian Ferry und Boston folgten 1979 in Münster und Bremen. In dieser Zeit habe ich auch die amerikanische Jazzrock-Band Chicago im Kuppelsaal in Hannover gesehen: Perfektion in Vollendung. Phantastische Bläsersätze und eine tolle Bühnenpräsenz kennzeichneten deren Auftritt. Das war schon allererste Sahne.
In Münster habe ich Ende der 70er Jahre noch ein gutes Konzert der englischen Jazzrock Band Soft Machine mit dem damals sehr angesagten Gitarristen Alan Holdsworth besucht.
Aus heutiger Sicht ist für mich festzustellen: Diese Gruppen hatten damals ihren Zenit noch nicht überschritten. Die waren voll in „Saft und Kraft“. Das war noch nicht die 3. oder 4. Reunion oder sonstiges. Glück gehabt, das sehen, hören und miterleben zu dürfen, kann ich heute in der Rückschau sagen.